18. Mai 2022

Erbpachtgrundstück: Eine kostengünstige Alternative? 

Bauland ist knapp und teuer. Grundstückspreise steigen rasanter denn je. Aufgrund des erhöhten Kosten-Faktors erscheint es als durchaus sinnvoll, das Erbbaurecht als interessante Alternative in Erwägung zu ziehen. Doch was steckt dahinter? Wir schauen uns die Möglichkeit - Hausbau ohne Grundstückskauf - einmal genauer an und beleuchten dabei die Vor- und Nachteile von Erbpachtgrundstücken.

Was ist ein Erbpachtgrundstück?

Die Erbpacht, auch das Erbbaurecht genannt, bietet die Möglichkeit ein Haus zu bauen, ohne dafür ein Grundstück kaufen zu müssen. Stattdessen wird dieses gepachtet. Dazu zahlt der angehende Bauherr dem Erbpachtgeber über einen vertraglich geregelten Zeitraum den vereinbarten Pachtzins. Der Erbpachtzins stellt eine monatliche oder jährliche Rate dar. Somit kann der Traum eines Eigenheims realisiert werden, ohne dass ein hochpreisiger Betrag für den Erwerb eines eigenen Grundstückes eingeplant werden muss.

Welche Besonderheiten bietet ein Erbpachtgrundstück?

Vereinzelt vergeben private Grundstückseigentümer Erbpachtrechte und stellen ein Erbpachtgrundstück zum Angebot. Häufiger stellen Stiftungen, Kommunen oder Kirchen Erbpachtgrundstücke für eine Dauer von 50 bis 99 Jahren zur Verfügung. Gesetzlich ist eine längere Laufzeit jedoch auch durchaus möglich. Während des vertraglich geregelten Zeitraums genießt der Pächter sämtliche Rechte eines Eigentümers. Heißt, er kann das Erbpachtgrundstück auch verkaufen oder vererben. Die bestehenden Konditionen des Erbpachtvertrages bleiben dabei bestehen. In beiden Fällen werden diese an die zukünftigen Eigentümer übertragen. Dies zählt zudem auch für eine mögliche Immobilie, welche sich auf dem Grundstück befindet. Sie geht vollständig in den Besitz von Käufer oder Erbe über. So ist zudem die Möglichkeit gegeben, dass Sie ein Erbpachtgrundstück kaufen und dieses dann beispielsweise für die Altersvorsorge als Geldanlage nutzen können. Der Verpächter hat allerdings in der Regel ein Mitspracherecht und sollte vor einem Verkauf oder einer Vermietung mit einbezogen werden.

Der Erbbaurechtsvertrag – was ist vertraglich geregelt?

Der umfangreiche Erbbaurechtsvertrag enthält die vertraglich vereinbarten Inhalte zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Erbbauberechtigten. Wesentliche Bestandteile des Vertrages sind folgende:
  • Vertragslaufzeit
  • Errichtung, Verwendung und Instandhaltung der Immobilie
  • Versicherung des Bauwerkes
  • Möglicher Wiederaufbau bei Zerstörung
  • Höhe des zu zahlenden Erbbauzinses
  • Fälligkeit und Anpassungen des Zinses
  • Öffentlich und privatrechtliche Lasten und Abgaben
  • Die Heimfallregelung
  • Gegebenenfalls Vertragsstrafen 
  • Vorrechte und Mitspracherechte

Eine vertragliche Sonderregelung im Erbbaurechtsvertrag ist die sogenannte Stillhalteerklärung. Hierbei verpflichtet sich der eigentliche Eigentümer des Grundstücks, also der Erbbaurechtsgeber, dem Gläubiger, meist einer Bank, einen Vorrang oder eine Gleichstellung im Grundbuch einzuräumen. 

Geschlossen wird der Erbpachtvertrag gemeinsam mit dem Verpächter bei einem Notar. Ist der Vertrag geschlossen, darf der Pächter das Grundstück nutzen wie ein Eigentümer. Er darf dieses also auch bebauen und die Wohnung weitervermieten. Der Vertrag übermittelt somit das sogenannte „grundstücksgleiche“ Recht. Eingetragen wird das Erbbaurecht sowohl in das Grundbuch, als auch in ein eigenes Erbbaugrundbuch.

Der Vertrag für das Erbpachtgrundstück steht - so geht es weiter

Läuft der Erbpachtvertrag aus, endet das Pachtverhältnis zwischen dem Erbrechtsnehmer und dem Erbrechtsgeber. Wenn die Laufzeit des vertraglich festgehaltenen Zeitraums der Verpachtung endet, kann diese allerdings verlängert werden. Gemeinsam mit dem Verpächter wird dann eine erneute Laufzeit vereinbart. Grundsätzlich haben Stiftungen, Kommunen und Kirchen größeres Interesse an einer Verlängerung der Erbpacht als Privatpersonen. Um eine solche Verlängerung sollte sich zeitnah gekümmert werden, da die Eintragung in das Grundbuch erfahrungsgemäß etwas Zeit benötigt. Es ist also äußerst ratsam frühestmöglich das Gespräch mit dem Erbrechtsgeber zu suchen, insofern man den Vertrag verlängern möchte. 

Läuft der Vertrag hingegen einfach aus, geht die Immobilie, welche sich auf dem Erbpachtgrundstück befindet, in den Besitz des Verpächters über. Der Verpächter ist dazu verpflichtet, eine Entschädigung für das Gebäude von mindestens zwei Drittel des Verkehrswertes an den bisherigen Eigentümer zu zahlen. 

Eine vorzeitige Kündigung vor Vertragsablauf ist für beide Parteien nicht möglich. Jedoch kann der Erbbaurechtsgeber Gebrauch eines Sonderkündigungsrechtes machen. Dieses greift aber nur unter bestimmten Voraussetzungen, wie beispielsweise, wenn den Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachgekommen wird oder gegen anderweitige Verpflichtungen verstoßen wird. Bei diesem sogenannten Heimfall geht die sich auf dem Grundstück befindliche Immobilie ebenso in den Besitz des Verpächters über. Eine Entschädigung von mindestens zwei Drittel des Verkehrswertes ist auch in diesem Falle für den Verpächter verpflichtend.

Welche Kosten fallen für ein Erbpachtgrundstück an?

  • Die Pachtgebühr / Der Erbbauzins
    Die Höhe des Erbbauzinses variiert je nach Kaufpreis des gepachteten Bodens. Grundsätzlich ist der Zins jedoch frei verhandelbar, bevor dieser im Erbbaurechtsvertrag festgehalten wird. Ist eine Wertsicherungsklausel im Vertrag enthalten, so wird der Zins stets an Inflation und allgemeine Preisentwicklung angepasst. Da sich die Anpassung an dem ermittelten Verbraucherpreisindex orientiert, ist dies jedoch frühestens alle 3 Jahre möglich. 
  • Grundsteuer
    Insofern ein Haus auf dem Erbpachtgrundstück erbaut wird, muss auch die Grundsteuer bezahlt werden. 
  • Grunderwerbssteuer
    Die Grunderwerbsteuer ist zu begleichen, obwohl Sie nicht direkter Eigentümers sind. Durch den Eintrag im Grundbuch erhalten Sie Nutzungsrechte des Grundstücks. Dadurch ähnelt die Pacht dem Eigentumsrecht. Die Summe der Steuer berechnet sich nicht wie bei einem klassischen Grundstückskauf, wird aber ebenso an das Finanzamt gezahlt.
  • Erschließungskosten
    Wenn Sie das Erbpachtgrundstück an das Wasser-, Stromnetz oder weitere technische Netze anschließen möchten, werden Erschließungskosten an die Kommune fällig. 
  • Versicherungskosten
    Ein erbautes Haus auf dem Grundstück muss natürlich, ebenso wie bei normalen Immobilien, umfassend gegen Schäden und Eventualitäten abgesichert werden.

Erbpachtgrundstück: Berechnung der Grunderwerbssteuer

Wie bereits erwähnt, sind auch bei einem Erbpachtgrundstück Grunderwerbssteuern zu zahlen. Diese werden anders berechnet, als bei einem regulären Grundstückskauf. Der Gesamtbetrag wird anhand von drei Bestandteilen ermittelt. Neben Erbbauzins wird ebenfalls der sogenannte Vervielfältiger zur Berechnung verwendet. Dieser ergibt sich aus der Laufzeit der Erbpacht und ist in Anlage 9a zu §13 des Bewertungsgesetzes festgehalten. Zuletzt wird zur Berechnung die je nach Bundesland unterschiedlich hohe Grunderwerbsteuer in die Berechnung miteinbezogen:

  1. Erbbauzins x 12 (Monate) = Jahreswert
  2. Jahreswert x Vervielfältiger = Gegenleistung
  3. Gegenleistung x Grunderwerbsteuersatz = Grunderwerbssteuer des Erbpachtgrundstückes

Beispielrechnung (für ein Grundstück in Hessen für eine Laufzeit von 50 Jahren):

  1. 200 € x 12 = 2.400 €
  2. 2.400 € x 17,397 (Vervielfältiger bei 50 Jahren Laufzeit) = 41.752,8 €
  3. 41.752,8 € x 6 % = 2.505,168 €

Somit beliefe sich die Grunderwerbsteuer für dieses Erbpachtgrundstück auf 2.505,168 €.

Was ist ein Erbpachtgrundstück wert?

Die Wertermittlung einer Immobilie beruht im Grunde auf der Kombination: Bodenwert, Gebäudewert und den Wert vorhandener Außenanlagen. 
Bei einem Hausverkauf ist das Erbpachtgrundstück von Bedeutung. Wenn es also um die Wertermittlung eines Erbpachtgrundstückes geht, sollte der Bodenwert keinesfalls unbeachtet bleiben. 

Möchten Sie ein Erbpachtgrundstück als Wertanlage erwerben, so können Sie den Wert wie bei klassischen Baugrundstücken anhand lokaler Bodenrichtwerte ermitteln. Dabei können Sie ein Vergleichswertverfahren hinzuziehen.

Auf einem Blick: Die Vor- und Nachteile eines Erbpachtgrundstücks

Sie sind sich noch unsicher, ob ein Erbpachtgrundstück für Sie eine sinnvolle Option darstellt? Um Ihnen einen Überblick zu verschaffen und die Entscheidung zu erleichtern, haben wir die wichtigsten Vor- und Nachteile für Sie gegenübergestellt.

Die Vorteile:

  • Kann verkauft oder vererbt werden
  • Der geringe Kostenfaktor ermöglicht ein höheres Eigenkapital für den Hausbau
  • Beträchtliche Ersparnis bei hohen Bauzinsen
  • Attraktive Wunschlagen in einigen Regionen
  • Entschädigung bei Vertragsende (mindestens zwei Drittel des Verkehrswertes)


Die Nachteile:

  • Steigende Pachtgebühren mit Dauer der Laufzeit
  • Erbbaurechtsgeber besitzt das Grundstück und hat somit Mitspracherecht
  • Geringe Restlaufzeit erschwert Vertragsverkauf 

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Fazit - Lohnt sich ein Erbpachtgrundstück?

Insbesondere im Falle von wenig Eigenkapital kann ein Erbpachtgrundstück die Alternative zum Grundstückskauf sein. Denn die monatlichen Belastungen sind für den Bauherren niedriger, als bei einem Grundstückskauf mittels Finanzierung. Bei einem niedrigen Erbbauzins, aber vergleichsweise hohen Grundstückskosten, lohnt sich ein Erbpachtgrundstück. 

Jedoch muss beachtet werden, dass die Pachtzinsen mit steigendem Verkehrswert des Grundstücks erhöht werden. Deshalb sollte man unbedingt die Zinsentwicklung im Auge behalten. In der Regel lässt sich ein Grundstück nach 2-3 Jahrzehnten abbezahlen. Der Erbbauzins wiederum läuft weiter. 

Da es sich hierbei um eine Entscheidung fürs Leben handelt, sollten Sie sich auf alle Fälle gründlich informieren und professionell beraten lassen. Zudem ist es ratsam, einen Anwalt für die Vertragsabfassung zu engagieren. Dieser kann Ihnen einzelne Vertragspunkte ausführlich und verständlich darlegen. Um unangenehme Überraschungen zu vermeiden, sollten Sie bei Ihrem Erbpachtgrundstück nichts dem Zufall überlassen und sämtliche Forderungen des Verpächters genauestens prüfen.  

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