27. April 2022

Einheitswert Grundstück: Berechnung der Grundsteuer & Einheitswertbescheid

Als Eigentümer einer Immobilie müssen Sie Grundsteuer zahlen. Deren Bemessungsgrundlage ist der Einheitswert, der wiederum vom jeweils zuständigen Finanzamt ermittelt wird. Erfahren Sie in diesem Artikel mehr über den Einheitswertbescheid, die Verfahren zur Einheitswertfeststellung und den Unterschied zum Verkehrswert einer Immobilie.

Was ist der Einheitswert?

Der Einheitswert ist eine wichtige Größe für Immobilienbesitzer. Er wird vom zuständigen Finanzamt sowohl für private als auch für gewerbliche sowie land- und forstwirtschaftlich genutzte Häuser und Grundstücke ermittelt. Das Finanzamt verwendet diese Kennzahl in Kombination mit der Grundsteuermesszahl und dem Grundsteuerhebesatz, um die Höhe der Grundsteuer zu ermitteln. Die Finanzbehörde berechnet den Einheitswert, wenn … 

  • … ein Grundstück erstmalig besteuert wird.
  • … ein Grundstück neu aufgeteilt wird. 
  • … auf einem Grundstück ein neues Haus gebaut wird. 
  • … ein vorhandenes Gebäude grundlegend verändert wird. 

… Wohnungseigentum gegründet wird.

Was ist der Einheitswertbescheid?

Der Einheitswertbescheid ist ein Dokument, welches vom Finanzamt ausgestellt wird. Der Bescheid gibt Eigentümern Auskunft über den Einheitswert der Immobilie. Dabei hat das Schreiben mit dem Bescheid lediglich den Zweck, den Eigentümer zu informieren, er ist aber nicht als eigentlicher Steuerbescheid anzusehen und sollte somit auch nicht als Zahlungsaufforderung verstanden werden.

Wie fließt der Einheitswert einer Immobilie in die Grundsteuer ein?

Für die Berechnung der Grundsteuer sind folgende drei Faktoren ausschlaggebend: 

  • Einheitswert als Bemessungsgrundlage 
  • Grundsteuermesszahl – Promillezahl, abhängig von der Art des Gebäudes bzw. Grundstücks, Größe der Gemeinde, Lage in alten oder neuen Bundesländern, Altbau oder Neubau 
  • Hebesatz – von der Kommune festgelegter prozentualer Vervielfältiger  

Ein Rechenbeispiel mit fiktiven Zahlen: 
Der Einheitswert einer kleinen Eigentumswohnung in Stuttgart liegt bei 250.000 Euro. Die Grundsteuermesszahl beträgt 3,5 Promille und der Hebesatz für Stuttgart 520 Prozent. 

Daraus ergibt sich: 
Grundsteuermessbetrag (3,5 Promille von 250.000 Euro) = 875 Euro 
Jahresgrundsteuer (875 Euro x 520 %) = 4.550 Euro

Wie wird der Einheitswert berechnet?

Das Finanzamt kann zwei verschiedene Verfahren anwenden, um den Einheitswert zu berechnen: das Ertragswertverfahren für Miet- und Eigentumswohnungen, gemischt genutzte Grundstücke sowie für Geschäftsgrundstücke wie Ein- und Zweifamilienhäuser. Oder das Sachwertverfahren für Immobilien, zu denen keine Daten zur Rohmiete vorliegen.

Das Ertragswertverfahren wird am häufigsten vom Finanzamt angewendet. Bei diesem Verfahren wird die erzielbare Jahresrohmiete ermittelt und mit gesetzlich vorgegebenen Vervielfältigern multipliziert. Bei der Jahresrohmiete orientiert sich das Finanzamt am Stand des Stichtags von 1935 oder 1964, je nach Bundesland. Wenn nötig, werden zusätzlich noch wertsteigernde oder -mindernde Zu- oder Abschläge berücksichtigt. Bei selbstgenutzten Immobilien zieht das Finanzamt dann noch die ortsübliche Vergleichsmiete zur Feststellung des Ertragswerts heran.

Ist die Jahresrohmiete unbekannt, wird in der Regel das Sachwertverfahren angewandt. Dieser ergibt sich aus der Summe von Bodenwert und Bauwert.

Kritik an der Berechnung des Einheitswerts

Wenn Finanzbehörden den Einheitswert berechnen, kommt häufig Kritik auf, denn die Ämter greifen als Grundlage für die Bewertung nach dem Bewertungsgesetz auf Daten aus den Jahren 1935 (neue Bundesländer) und 1964 (alte Bundesländer) zurück.

Einheitswertbescheid vom Finanzamt

Sobald das Finanzamt den Einheitswert berechnet hat, schickt es den Einheitswertbescheid an den Eigentümer der Immobilie. Haben Sie Ihre Immobilie verkauft, sollte der Einheitswertbescheid innerhalb eines Jahres beim neuen Eigentümer ankommen. Sollte die Immobilie vererbt oder verschenkt worden sein, kann die Bearbeitung länger dauern, da das Finanzamt von einer Erbschaft oder Schenkung nicht direkt erfährt. Wenn Sie den Einheitswertbescheid erhalten, können Sie innerhalb von vier Wochen Einspruch dagegen einlegen. Der Einheitswertbescheid dient als Grundlage für den Grundsteuermessbescheid – hierfür wird der Einheitswert mit der Steuermesszahl multipliziert. Der Grundsteuermessbescheid ist wiederum Grundlage für den Grundsteuerbescheid. Diesen stellt die zuständige Kommune aus.

Einspruch erheben gegen den Einheitswertbescheid – geht das?

Nach Bekanntgabe des Einheitswertbescheids hat der Eigentümer die Möglichkeit, innerhalb von vier Wochen Einspruch zu erheben. Dies muss schriftlich erfolgen und Unstimmigkeiten müssen genau erläutert werden.

Einheitswert ab 2025 – Kritik am Einheitswert führt zu Verfassungsklage

Laut Gesetz sollen alle Einheitswerte in Deutschland alle sechs Jahre überprüft und gegebenenfalls neu festgesetzt werden. In den alten Bundesländern ist diese Prüfung des Einheitswerts jedoch nur ein einziges Mal erfolgt, und zwar 1964. Daher kann es durchaus sein, dass für ein neu gebautes Haus ein deutlich höherer Einheitswert festgesetzt wird als für ein vergleichbares, älteres Haus in der Nachbarschaft. Diese Ungleichheit führte zur Verfassungsklage und im April 2018 erklärte das Bundesverfassungsgericht die Bemessung der Grundsteuer als verfassungswidrig. Das von der Politik beschlossene neue Modell der Grundsteuer soll Anfang 2025 in Kraft treten und statt bisher 20 Grundlagenfaktoren nur noch fünf berücksichtigen

  • Größe des Grundstücks 
  • Immobilienalter 
  • Art der Immobilie 
  • Bodenrichtwert 
  • Nettokaltmiete 
Immobilieneigentümern könnte also ab 2025 ein deutlich höherer Grundsteuerbescheid ins Haus flattern. Allerdings sind die Bundesländer nicht verpflichtet, dieses neue Modell anzuwenden, sondern können stattdessen ein eigenes Modell zur Feststellung des Einheitswerts und der Grundsteuer entwickeln.

Einheitswert Immobilie und Verkehrswert Immobilie – worin liegt der Unterschied?

Wie bereits beschrieben, dient der Einheitswert einer Immobilie unter anderem als Bemessungsgrundlage für die Grundsteuerberechnung. Dabei wird auf Daten von 1935 bzw. 1964 zurückgegriffen – man kann sich also leicht vorstellen, dass der Einheitswert trotz Anpassung durch verschiedene Faktoren immer deutlich unter dem Verkehrswert einer Immobilie liegt. Der Verkehrswert gibt nämlich den Wert an, der sich voraussichtlich beim Verkauf des Hauses oder des Grundstücks aktuell erzielen ließe. Da die Immobilienpreise seit der Einheitswertfestsetzung massiv gestiegen sind, spiegelt der Einheitswert einer Immobilie veraltete Marktverhältnisse wider.

Welche Informationen benötigt das Finanzamt zur Erstellung eines Einheitswertbescheids?

Damit das Finanzamt den Einheitswert bestimmen kann, müssen Sie als Eigentümer einen Fragebogen zur Immobilie ausfüllen. Zusätzlich zu diesem sind eine Grundstücksbeschreibung inklusive Lageplan, eine Flächenberechnung von Nutz- und Wohnfläche sowie eine Auflistung der Mieteinnahmen einzureichen. Bei Unschlüssigkeiten darüber, wie beispielsweise Gartenhäuser oder Terrassen zu vermerken sind, erkundigen Sie sich bestenfalls direkt beim zuständigen Finanzamt.
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