Mieten in Berlin – Deckel drauf und gut?
Mieten in Berlin – Deckel drauf und gut?
Es gibt wohl nur wenige politische Entscheidungen, die so kontrovers diskutiert werden, wie der Mietendeckel. Die einen wollen damit die sozial Schwachen stärken, die Gentrifizierung stoppen und den vermeintlichen Immobilien-Haien Einhalt gewähren. Die anderen sprechen von einer Enteignung durch die Hintertür und sehen Tausende Arbeitsplätze gefährdet. Nur auf eines können sich beide Seiten uneingeschränkt einigen: Es gibt in deutschen Großstädten einfach zu wenige Wohnungen.
Berliner Senat beschließt Mietendeckel
Ende Oktober brachte der Berliner Senat das bundesweit erste Mietendeckel-Gesetz auf den Weg. Es muss nun noch vom Berliner Abgeordnetenhaus beschlossen werden, womit noch im ersten Quartal 2020 gerechnet wird. Das Gesetz soll danach rückwirkend ab 18. Juni 2019 gelten – ausschließlich für das Land Berlin und nicht für weitere deutsche Großstädte.
Deckeln und absenken
Für die rund 1,5 Millionen Wohnungen, die vor 2014 gebaut wurden und nicht preisgebunden oder sozial gefördert sind, sollen die Mieten eingefroren werden – über einen Zeitraum von zunächst fünf Jahren. Hinzu kommen Obergrenzen von maximal 9,80 Euro Kaltmiete je Quadratmeter, die sich nach Baujahr und Ausstattung der Wohnung richten und bei Neuvermietungen nicht überschritten werden dürfen. Bestandsmieten dürfen in Zukunft um nicht mehr als 20 % über den Obergrenzen liegen. Andernfalls sollen Mieter eine Absenkung fordern können. Diese Mietsenkungsregel soll allerdings erst Ende 2020 kommen – bis dahin will man die Umsetzung vorbereiten und Verwaltungspersonal einstellen. Nach Angaben der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung zahlen rund 340.000 Berliner Haushalte eine so hohe Miete, dass sie voraussichtlich einen erfolgreichen Antrag auf Absenkung der Miete stellen können.
Mietendeckel kann Baufinanzierung gefährden
In Großstädten gehört knapp die Hälfte der Mietwohnungen privaten Vermietern, die sich z. B. durch die Mieteinnahmen eine Altersvorsorge aufbauen. Diese Wohnungen sind oftmals mit viel Fremdkapital finanziert und noch nicht abbezahlt. Der Mietendeckel könnte vielen nun einen Strich durch die Anlage- und Finanzierungsrechnung machen. Denn bei der Kalkulation der Banken, ob der Kunde seinen Kredit bedienen kann, spielt die Miete eine wesentliche Rolle – eine erzwungene Mietsenkung ist dabei nicht vorgesehen.
Bauindustrie sieht Umsätze und Arbeitsplätze in Gefahr
Das Mietendeckel-Gesetz sieht vor, dass größere Modernisierungsmaßnahmen nicht mehr einfach auf die Mieten umgelegt werden können, sondern angezeigt und genehmigt werden müssen. Der Bauindustrieverband Ost hat berechnet, dass durch den erwarteten Rückgang von Modernisierungen und Umbauten im Bestand bis zu 10.000 Arbeitsplätze gefährdet sind und dass Betrieben rund 750 Millionen Euro Umsatz verloren gehen. Bereits im September 2019 waren die Wohnungsbau-Aufträge im Vergleich zum Vormonat um 13 % zurückgegangen.
Der Gang vors Gericht ist vorgezeichnet
Ob und wie lange das Mietendeckel-Gesetz tatsächlich Bestand haben wird, ist nicht abzusehen. Sowohl Parteien als auch Verbände haben bereits Klagen angekündigt – notfalls bis zum Bundesverfassungsgericht, was allerdings Jahre dauern könnte. Übrigens: Selbst das Bundesbauministerium hält das Gesetz für verfassungswidrig.