7. März 2022 Baufinanzierung Benjamin Papo

Leitzins und Baufinanzierung – wie hängt das zusammen?

Leitzins – wer ist dafür zuständig? 

Lassen Sie uns zuerst einige Hintergründe zum Leitzins klären, bevor wir ihn in Verbindung mit der Baufinanzierung und den Zinsen für die Finanzierung bringen. Der Leitzins wird von den Zentralbanken festgelegt. Für die Länder des Euroraums, also auch für Deutschland, ist die Europäische Zentralbank EZB mit Sitz in Frankfurt am Main zuständig. Für die USA wäre es die FED, die amerikanische Notenbank Federal Reserve Board. Bleiben wir aber bei der EZB – ihre maßgeblichen Aufgaben sind:

  • Festlegung und Umsetzung der Geldpolitik 
  • Durchführung von Devisengeschäften 
  • Halten und Verwalten der Währungsreserven des Euroraums 
  • Förderung des reibungslosen Funktionierens von Zahlungssystemen 

Das höchste Ziel einer jeden Notenbank – demnach auch der EZB – ist die Preisstabilität zu gewährleisten. Die EZB möchte also den Wert des Euro wahren. Unter dem Begriff Preisstabilität versteht die EZB, dass die Preise für Alltagswaren jährlich leicht steigen sollen, allerdings nicht mehr als zwei Prozent. Um diese Preisstabilität und damit den Wert des Euro zu wahren, stehen der EZB mehrere Instrumente zur Verfügung – das bekannteste davon ist der Leitzins.

Leitzins – was ist das konkret? 

Wie eben bereits geschildert, ist der Leitzins ein geldmarktpolitisches Instrument der EZB, um die Preisstabilität zu sichern. Doch „den“ Leitzins gibt es eigentlich gar nicht, denn im Euroraum gibt es drei Leitzinssätze: 

  • Hauptrefinanzierungssatz: Auch Mindestbietungssatz genannt – er ist der wichtigste Leitzins und im allgemeinen Sprachgebrauch als „der“ Leitzins betitelt. Er gibt den Zinssatz an, zu dem sich Kreditbanken kurzfristig Geld bei der EZB leihen können. Bereits seit längerem liegt dieser Leitzins bei 0 % (Stand: März 2022) 
  • Einlagezinssatz: Der Zinssatz, zu dem Kreditbanken überschüssiges Geld bei der EZB parken können. 
  • Spitzenrefinanzierungssatz: Der Tagesgeld-Zinssatz, zu dem sich Geschäftsbanken Geld bei der EZB leihen können. 

Im Allgemeinen entzieht die EZB dem Wirtschaftskreislauf Geld, wenn es der Wirtschaft im Euroraum gut geht. Soll diese jedoch angekurbelt werden, pumpt sie Geld in den Kreislauf hinein.

Leitzins und Baufinanzierung: Wo liegen die Finanzierungskosten aktuell?

Die Darlehenszinsen mit zehnjähriger Zinsfestschreibung lagen Anfang März 2022 im Schnitt bei rund 1,66 %. Damit lagen die Zinsen für eine Baufinanzierung historisch gesehen immer noch sehr niedrig. In der zweiten Jahreshälfte von 2022 wurde allerdings ein deutlicher Zinsanstieg verzeichnet. Dies hängt vor allem mit einer strafferen Geldmarktpolitik in den USA zusammen – hier rechnen Marktbeobachter damit, dass die FED in naher Zukunft die Leitzinsen anhebt. Auch wenn die EZB noch keine Zinswende in Aussicht gestellt hat, schwappt die Stimmung aus Übersee langsam auch nach Europa – die anhaltend hohe Inflation im Euroraum tut ihr Übriges. Wer also in naher Zukunft plant, eine Immobilie zu kaufen oder zu bauen, sollte sich von einem Experten für Baufinanzierung zu seinen Möglichkeiten beraten lassen. Aktuell beliebte Optionen bei steigenden Zinsen sind beispielsweise die Vereinbarung einer niedrigen Tilgungsrate oder die Einbindung eines Bausparvertrags in die Finanzierung.

EZB Leitzins und Baufinanzierung: Worin besteht der Zusammenhang? 

Eines vorab: Einen direkten Zusammenhang zwischen Leitzinsen und Baufinanzierung bzw. den Zinsen für die Immobilienfinanzierung gibt es nicht. Man kann also nicht sagen, dass eine Erhöhung des Leitzinses automatisch eine Erhöhung der Bauzinsen nach sich zieht. Das kann so sein (und ist in den meisten Fällen auch so), muss aber nicht so sein. Ändert die EZB ihre Leitzinsen, kündigt sie das in der Regel lange vorher an. Bereits auf diese reine Ankündigung reagieren die Märkte – sowohl der Geldmarkt für kurzfristige Anlagen als auch der Kapitalmarkt für langfristige Anlagen. Kommt es dann tatsächlich zu der angekündigten Änderung, reagieren kurzfristige Anlagen erneut – hier können Zinsänderungen schnell an die Kunden weitergegeben werden. Langfristige Anlagen reagieren bei der eigentlichen Änderung nur noch wenig bis gar nicht mehr – sie haben die Änderung bereits bei der Ankündigung vollzogen. Da Baufinanzierungen zu den langfristigen Anlagen gehören, reagieren sie demnach häufig bereits vor einer Leitzinsänderung. Der Zusammenhang zwischen Leitzins und Baufinanzierung ist also meist zeitverzögert und abgeschwächt.

Leitzins und Baufinanzierung: Was hat es mit den Bundesanleihen auf sich? 

Wie bereits festgestellt, sind die Zinsen für eine Baufinanzierung in Deutschland nicht an den Leitzins gekoppelt. Sie sind aber an die Rendite der Bundesanleihen mit zehnjähriger Laufzeit gekoppelt. Dieser Zusammenhang entsteht so: 

1. Die Bank leiht sich Geld von Anlegern, um einen Immobilienkredit zu finanzieren, den sie einem Bauherren bewilligt hat.  

2. Diese Anleger sind meist institutionelle Investoren, z. B. Fondsgesellschaften oder Versicherungen. 

3. Diese erhalten im Gegenzug für ihr verliehenes Geld von der Bank Pfandbriefe.  

4. Als Sicherheit für diese Pfandbriefe dienen beispielsweise Immobilien, die die Bank besitzt oder die Rechte an Immobilien ihrer Baufinanzierungskunden. 

5. Pfandbriefe sind zusätzlich abgesichert durch die staatliche Regulierung über das Pfandbriefgesetz

6. Die Bank zahlt ihren Geldgebern einen Zins – den sogenannten Pfandbriefzins

7. Diesen Pfandbriefzins gibt die Bank mit einem Aufschlag an den Kreditnehmer der Baufinanzierung weiter. 

8. Die Grundlage für den Pfandbriefzins wiederum ist der Zinssatz der zehnjährigen Bundesanleihe.

Leitzins und Baufinanzierung: Wie sich beides bedingen kann, aber nicht muss

Wie kann es nun also sein, dass Leitzins und Baufinanzierung über den „Umweg“ des Pfandbriefzins zusammenhängen?  
Nun, das geht so: Hebt die EZB ihre Leitzinsen an, steigen zunächst auch die Zinsen auf dem Markt für kurzfristige Anlagen, z. B. Tagesgeld, Festgeld und Geldmarktpapiere. Das wiederum lockt Anleger an, die bisher eher im langfristigen Kapitalmarkt investiert hatten. Auf eben diesem Kapitalmarkt werden unter anderem die deutschen Staatsanleihen gehandelt. Gibt es aber nun auf diesem Markt weniger Anleger bzw. weniger Investitionskapital, sinkt die Nachfrage nach deutschen Staatsanleihen. Im Umkehrschluss heißt das: Um Anleger für seine Anleihen zu finden, muss der deutsche Staat diese attraktiver machen – in Form höherer Zinsen, die die Rendite der Anleger erhöhen. Hier wäre nun die Kettenreaktion zu beobachten: Steigen die Zinsen für die Staatsanleihen, steigt der Pfandbriefzins und damit auch der Hypothekenzins. Allerdings: Dieses Szenario setzt voraus, dass sich alle Marktteilnehmer „normal“ verhalten. Und: Wie bereits weiter oben festgestellt, ändern sich die Zinsen in der Regel ja schon bereits bei der bloßen Ankündigung der EZB, ihre Leitzinsen bald zu ändern. Zusammenfassend lässt sich also sagen: Der Leitzins hat nur eine indirekte Wirkung auf die Baufinanzierung.

EZB Leitzins – es gibt bessere Indikatoren für die Baufinanzierung

Wer die Zinsen für die Baufinanzierung aktuell beobachtet und wissen möchte, ob sie in Zukunft steigen oder fallen, sollte sich also nicht unbedingt an der Entwicklung des Leitzinses orientieren. Wie wir in diesem Artikel festgestellt haben, gibt es zwei Instrumente, die sich viel besser zur Vorhersage eignen: Staatsanleihen und Pfandbriefe. Wohin sie tendieren, werden die Zinsen für eine Immobilienfinanzierung aktuell mit sehr großer Wahrscheinlichkeit folgen. 
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