26. August 2020 Benjamin Papo

Gesenkte Mehrwertsteuer: Sparen mit Augenmaß

Mit „Wumms“ aus der Corona-Krise, so hat es die Politik versprochen und vom 1.7. bis 31.12.2020 die allgemeine Mehrwertsteuer von 19 auf 16 % gesenkt. Was sich an der Supermarktkasse eher in Cent-Beträgen niederschlägt, kann beim Bau oder Kauf einer Immobilie zu erheblichen Einsparungen führen. Oder besser gesagt: könnte. Denn wer Geld sparen will, muss einiges beachten – wir sagen Ihnen, worauf es ankommt.

Käufer sparen bei der Maklercourtage

Immobilien-Käufer profitieren erst einmal gar nicht von der Mehrwertsteuersenkung, da beim Kauf einer Wohnung, eines Hauses oder eines Bauplatzes überhaupt keine Mehrwertsteuer anfällt. Hier spielen andere Steuern eine Rolle, wie z. B. die Grundsteuer und die Grunderwerbssteuer. Auf einem „Umweg“ lässt sich aber meist doch noch etwas sparen – und zwar bei der Maklercourtage. In dieser Provision ist nämlich Mehrwertsteuer enthalten und die sinkt hier natürlich auch von 19 auf 16 %. Knifflig wird’s dennoch – denn der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses spielt eine große Rolle: Liegt er vor dem 1. März 2020 ist der Makler verpflichtet, den Bruttopreis entsprechend zu senken, wenn der Käufer das wünscht.  Hier greift der gesetzliche Anspruch auf einen angemessenen Ausgleich (§29 UStG). Wurde der Vertrag zwischen dem 1. März und dem 30. Juni 2020 abgeschlossen, ist der Makler nach aktuellem Stand jedoch nicht dazu verpflichtet. Bei einem Vertragsabschluss zwischen 1. Juli und 31.12.2020 sollen Makler ihre Provision mit 16 % kalkulieren. Spätestens ab September kann es Ihnen jedoch passieren, dass Makler bereits wieder mit 19 % rechnen, um Einbußen zu verhindern, falls der Kaufvertrag erst nach dem 31. Dezember 2020 zustande kommt. Genaues Hinschauen lohnt sich also.

Beim Bauen zählt der Tag der Bauabnahme

Beim Hausbau bieten sich deutlich mehr Möglichkeiten, von der Mehrwertsteuersenkung zu profitieren. So rechnen beispielsweise vom Architekten bis zu den ausführenden Handwerkern alle Gewerke ihre Leistungen und eingesetzten Materialien mit Mehrwertsteuer ab. Ob allerdings der verringerte Steuersatz zum Tragen kommt, hängt vom Datum der Leistungserbringung ab.

„Entscheidend für die Festlegung des Mehrwertsteuersatzes ist der Zeitpunkt der Abnahme des Bauvorhabens", erläutert Florian Becker, Geschäftsführer des Bauherren-Schutzbundes in Berlin. „Der Bauherr zahlt grundsätzlich auf sein gesamtes Bauvorhaben den Mehrwertsteuersatz, der zum Zeitpunkt der Abnahme gilt. Etwaige Abschläge mit 19 %, die der Bauherr schon für sein Projekt bezahlt hat, müssen mit der Schlussrechnung vom Unternehmen ausgeglichen und die zu viel gezahlte Mehrwertsteuer zurückgezahlt werden.“

Umgekehrt gilt daher leider auch: Wer im zweiten Halbjahr 2020 einen neuen Bauvertrag abschließt, profitiert nicht von der geringeren Mehrwertsteuer, wenn das Bauvorhaben bis ins nächste Jahr hinein läuft und die Abnahme erst 2021 oder später erfolgt. Denn ab 1.1.2021 gilt wieder der alte Mehrwertsteuersatz von 19 %.

Teilleistungen können beim Sparen helfen

Wenn einzelne Bauabschnitte über Teilrechnungen abgerechnet werden, können Bauherren unter Umständen Mehrwertsteuer sparen, auch wenn der Bau erst nach dem 31.12.2020 abgenommen wird. „Es funktioniert aber nicht, den Kaufpreis künstlich in einzelne Teilleistungen aufzuteilen", betont Isabel Klocke vom Bund der Steuerzahler. „Es müssen tatsächlich in sich abgeschlossene Leistungen vorliegen, um von der temporären Mehrwertsteuersenkung zu profitieren." Das Bundesfinanzministerium erlaubt die Abrechnung von Teilleistungen nur dann, wenn diese im Vertrag vereinbart wurden oder das im Juni 2020 nachgeholt wurde.

Außerdem haben Teilabnahmen erhebliche Nachteile für den Bauherren. „Das Risiko der Beschädigung geht dann schon in der Bauphase auf den Bauherren über", warnt Florian Becker. „Außerdem droht der Verlust von schützenden Regelungen im Bauvertrag wie der Fertigstellungssicherheit von fünf Prozent der gesamten Bausumme oder eine verbindliche Angabe zum Fertigstellungszeitpunkt.“ 

Wer schnell sparen will, zahlt womöglich drauf

Keinesfalls sollten Bauherren auf eine Abnahme bis Ende des Jahres drängen, nur um drei Prozentpunkte Steuern zu sparen. „Bauen unter Zeitdruck geht oft zulasten der Qualität", weiß Becker. "Wer vereinbarte Bauzeitenpläne strafft, riskiert Baumängel und Folgeschäden. Und deren Beseitigung kann deutlich mehr kosten, als mit der niedrigeren Mehrwertsteuer gespart wird.“

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