30. März 2021 BaufinanzierungFörderungen Benjamin Papo

Das Land fördern, um die Städte zu entlasten

Die Debatte um überhitzte Wohnungsmärkte in Metropolen und ein Verbot von Einfamilienhäusern ist in vollem Gange. Dabei sieht die Realität in Kleinstädten und ländlichen Regionen oft ganz anders aus: Leerstand und ausblutende Dörfer. Welche Ansätze es gibt, dagegen zu steuern, erfahren Sie hier. 

Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung hat für das Jahr 2018 berechnet, dass in deutschen Kleinstädten und ländlichen Regionen 1,7 Millionen Wohnungen leer standen. Mittlerweile dürften es knapp 2 Millionen sein und bis 2030 könnte die Zahl auf über 3 Millionen anwachsen. Kein Wunder also, dass Experten wie Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, sich von der Politik eine stärkere Förderung für solche Gebiete wünschen. „Dort ist das Wohnen oft noch bezahlbar“, sagte Landsberg jüngst im Rahmen des Wohnungsbaugipfels. 

Kommunen schließen sich zusammen 

Einen Ansatzpunkt, wie dem Leerstand begegnet werden kann, zeigen die Landkreise Hof, Bayreuth und Wunsiedel. Die drei Kommunen sind von überproportionalem Leerstand betroffen und vermitteln Immobilien nun über ein gemeinsames Leerstandskataster. Ziel ist es, die Ortskerne wieder mit Leben zu füllen. 

Der sogenannte Donut-Effekt lässt sich in vielen Kommunen beobachten. „In den Ortskernen herrscht Leerstand, außenrum wohnen die Menschen“, erklärt Ralf Wolkenhauer, Leiter der Unterabteilung ländliche Entwicklung im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. „Und Geschäfte entstehen nur auf der grünen Wiese.“ 

Förderprogramme sollen helfen 

Die Politik startete in den vergangenen Jahren bereits zahlreiche Initiativen, um abgehängte Regionen zu stärken. Unter anderem wurden einige Förderprogramme auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene mit unterschiedlichen Schwerpunkten aufgelegt. Hinzu kommen Fördertöpfe der EU.  

Viele dieser Programme zielen darauf ab, die Zentren neu zu beleben. Eine entscheidende Bedeutung kommt dabei ortsbildprägenden Häusern zu, etwa einem alten Schulgebäude oder einer traditionellen Gaststätte. Solche Immobilien sollen saniert und nachgenutzt werden. Allerdings sei der bauliche Aspekt nur einer von vielen, betont Wolkenhauer: „Wir brauchen auch das Engagement der Dorfgemeinschaft und das Ehrenamt. Alles nutzt nichts, wenn es nicht lebt.“ 

Nahverkehr, Digitalisierung und nachhaltige Konzepte 

„Kommunen müssen sich Zukunftspläne geben, Fördertöpfe kennen und passgenaue Lösungen für die Probleme entwickeln“, fährt Ralf Wolkenhauer fort. So sei es wichtig, Versorgungsstrukturen wie Kitas oder Schulen zu erhalten beziehungsweise aufzubauen. Auch der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und der Digitalisierung spiele eine große Rolle.  

Das Problem sei leider oftmals, dass es vielen Gemeinden an langfristigen Strategien, fachlicher Planung sowie Koordination und Nachhaltigkeit fehle. „Viele Projekte sterben deshalb wieder“, bedauert Bernd Hawel von der Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landesplanung. „Die Zeit des alten, romantisch verklärten Dorflebens ist allerdings ohnehin vorbei. Wir befinden uns in einer Phase des Übergangs von Bilderbuchdörfern zu Zweckgemeinschaften.“ 

Die Corona-Pandemie könnte zur Belebung ländlicher Räume beitragen – insbesondere durch das Arbeiten im Homeoffice. Bereits jetzt ist in einigen ländlichen Regionen die Nachfrage nach Immobilien und Mietwohnungen groß. Insbesondere im Umland von Schwarmstädten ziehen die Preise stark an – oft sogar stärker als in den Metropolen selbst. 

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