4. November 2024 Baufinanzierung Benjamin Papo

Wie sich der Bauzins zusammensetzt und warum Immobilieninteressenten nicht auf sinkende Zinsen setzen sollten

Veränderungen bei den Bauzinsen sind für potenzielle Immobilienkäufer von großem Interesse. Schließlich können schon wenige Zehntel Prozentpunkte mehr oder weniger beim Zinssatz die Gesamtkosten eines Immobilienkredits deutlich erhöhen oder verringern. Doch wie setzen sich Bauzinsen eigentlich genau zusammen? Was sind die größten Einflussfaktoren?

2022 sind die Zinsen für Baukredite geradezu explodiert. Innerhalb von zwölf Monaten schossen sie bei neu abgeschlossenen Immobilienkredite mit zehnjähriger Laufzeit von 1% auf 3,8% nach oben. Inzwischen hat sich das Niveau wieder deutlich reduziert. Aktuell sind entsprechende Finanzierungen ab 3,1% (zehn Jahre) bzw. 3,3% (15 Jahre) zu haben. Verglichen mit Werten von Anfang 2022 mutet das zwar immer noch recht hoch an, in der historischen Betrachtung fällt das Bild aber ganz anders dar. Beispielsweise lagen die Zinsen für zehnjährige Immobilienkredite um die Jahrtausendwende herum bei durchschnittlich 6,4%, Anfang der 1990er-Jahre waren es sogar 9%. So gesehen sind die heutigen Werte alles andere als hoch. Aber „für das Gewesene gibt der Kaufmann nichts“, wie es so schön heißt. Interessanter ist es deshalb, Erwartungen für die zukünftige Entwicklung zu bilden.

Dazu muss man wissen, dass sich die Zinsen, die eine Bank für einen Immobilienkredit verlangt, aus zwei Komponenten zusammensetzen: dem üblichen Marktzins und einem individuellen Risikoaufschlag, dessen Höhe sich insbesondere an der Bonität des Kreditnehmers (u.a. Einkommen und Vermögen), dem Kreditbetrag im Verhältnis zum Immobilienwert und den Tilgungsmodalitäten des Darlehens orientiert. Diesen Teil des Zinssatzes kann der Kreditnehmer durch einen höheren Eigenkapitalanteil oder zusätzliche Sicherheiten (z.B. Bürgschaft von Eltern) in hohem Maße mitbestimmen.

Anders sieht dies bei der Marktzinskomponente aus. Sie orientiert sich im Wesentlichen an den Zinsen für Pfandbriefe, mittels denen die Banken ihre Baufinanzierungen refinanzieren, und diese hängen wiederum von der Rendite langlaufender Bundesanleihen ab. Sinken die Rendite deutschen Staatsanleihen, führt dies mit gewisser Verzögerung auch zu fallenden Bauzinsen und vice versa. Diese Zusammenhänge ließen sich in den letzten Jahren sehr gut beobachten.

Da sich die Banken von der EZB zum aktuellen Leitzins immer nur kurzfristig Geld leihen können, sie die Mittel bei der Vergabe von Immobilienkredite aber langfristig benötigen, spielen Leitzinsentscheidungen bei der Entwicklung der Bauzinsen nur eine untergeordnete Rolle. Wichtiger sind etwa die Aussagen der Notenbanker zur mittel- bis langfristigen Geldpolitik. Diesbezüglich haben sich die Währungshüter rund um Christine Lagarde in Anbetracht der rückläufigen Inflationsraten und der schwächelnden europäischen Wirtschaft klar dazu bekannt, die Lockerung der Zinspolitik fortzusetzen. Aus diesen Gründen erwartet die Mehrzahl der Analysten für Dezember schon den nächsten Zinsschritt nach unten. Ein bis zwei weitere Senkungen könnten im ersten Halbjahr 2025 folgen. Diese Erwartungen sind in den Renditen langlaufender Bundesanleihen bereits eingepreist und dürften deshalb keine spürbare Reduzierung der Bauzinsen zur Folge haben.

Sollte sich die Inflation in der Eurozone allerdings hartnäckiger zeigen als von den Notenbankern aktuell unterstellt, könnten sie sich gezwungen sehen, zu einer strafferen Geldpolitik zurückzukehren. Für den Kapitalmarkt wäre dies eine negative Überraschung und es hätte möglicherweise einen erneuten Zinsschock zur Folge.

Nicht übersehen werden darf zudem, dass sich die Immobilienpreise in vielen Regionen auf Erholungskurs befinden. Selbst wenn es mit den Bauzinsen noch um ein oder zwei Zehntel nach unten gehen sollte, kann dieser Effekt durch höhere Kaufpreise schnell überkompensiert werden.

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